Japan
09.10.17
Seit acht Tagen hielt ich mein Abitur in der Hand. Ein Meilenstein nach einem ziemlich holperigen Weg. Die Osterferien begannen und eine große Reise stand vor der Tür.
Zusammen mit meiner Mama und meiner Schwester sollte es zwei Wochen nach Japan gehen. Monate lang hatten wir geplant, organisiert, Routen beschlossen, Unterkünfte gebucht und waren voller Vorfreude. Wie viel Arbeit so eine Reise sein kann, erschreckt mich immer wieder. Und deshalb möchte ich meiner Mama aus ganzem Herzen danken, denn die größte Arbeit hing an ihr.
Für uns ging es nun also endlich nach Japan. Schon am deutschen Flughafen, konnte meine Mama ihr fließendes Japanisch unter Beweis stellen. Eine Seite von ihr, die ich so noch nie erlebt habe und die ich in den folgenden zwei Wochen immer besser kennenlernen durfte.
Japan ist ein unfassbares wunderschönes, verwirrendes und beeindruckendes Land. Bereits im Sommer 2016 durfte ich dort zwei Wochen verbringen, aber ich merkte schnell, dass mir damals vieles enthalten wurde, was dieses Land zu bieten hat. Meine Schwester, für die alles so neu und fremd war, schwankte permanent zwischen absoluter Überforderung, wo z.B. das Gezwitscher im U-Bahnhof herkommt (aus den Lautsprechern natürlich), oder dass beinahe alle Büroangestellten nahezu identisch gekleidet sind und Staunen.
Es ist ein Land der Kontraste. Man stolpert betäubt vom unfassbaren Lärm aus einer der etlichen Spielhallen, wo erwachsende Menschen vor tosenden Automaten sitzen und ihren Feierabend genießen, man geht 20 Meter weiter und steht vor einem Schrein oder einer kleinen Tempel Anlage, geht durch das Tor und auf einmal ist Stille und friedliche Ruhe.
Wir begannen und beendeten unsere Reise in Tokyo. Ich bin definitiv ein Großstadt-Gegner. Ich fahre immer lieber nach Potsdam, als nach Berlin und lieber nach Brügge, als nach Amsterdam. Denn Großstädte stressen mich sehr schnell. Die vielen Menschen, die einen anrempeln, die einem keinen Platz in der Enge der U-Bahn lassen, die Unordnung, die Ungeduld. Dinge, die mich immer wieder von Großstädten abwenden lassen. Aber Tokyo ist anders. Tokyo ist schrill, verrückt, berauschend, verwirrend, aber es stresste mich nie. Alles läuft nach Ordnung. Ob es die Einzeichnungen auf dem Bahnsteig sind, die genau zeigen, wo sich die Türen der Bahn öffnen werden und wo sich demnach die Leute anzustellen haben, oder dass es überall für alles Beschilderungen gibt und im Notfall immer einer Service Kraft in Sichtweite ist, die einem in gebrochenem Englisch immer helfen möchte. Tokyo ist krass, aber es ist nicht hektisch und nicht aufdringlich, weshalb es für mich eine unglaublich angenehme Großstadt ist. Über Tokyo könnte ich noch ganze Romane schreiben, diese Stadt beeindruckt mich jedes mal immer noch, wenn ich daran zurück denke. Aber unsere Reise bestand ja nicht nur aus Tokyo.
Für uns ging es weiter ist kalte Nagano in die Berge Japans, wo wir zu den so oft im Fernsehen gezeigten Schneeaffen ging. Ziemlich launische und teils auch aggressive Tierchen. Es war definitiv ein Erlebnis, begeistert hat es mich aber nicht wirklich. Die Japaner sind im Umgang mit der Natur den Südeuropäern ähnlich, Beton ist für sie nicht hässlich, Bauschutt an der Seite kein Thema und offen liegende Leitungen mitten im Wald auch keine Störung fürs ästhetische Empfinden. Die Affen badeten nicht, warum auch, wenn das Wasser aus den natürlichen heißen Quellen gar nicht in das künstliche Becken geleitet wird. Das war schade. Trotzdem entstanden einige tolle Bilder und ein Erlebnis für sich war es trotzdem.
Danach ging es für uns drei Ladies nach Komatsu, die Heimat der gelben Bagger, die man scheinbar überall auf der Welt kennt. Dank privater Kontakte verbrachten wir ein wunderschönes Wochenende mit einer japanischen Familie und entdeckten die Halbinsel Noto mit ihrer wunderschönen Landschaft. Ich glaube erst, wenn man mal in einer Familie mit leben darf, kann man verstehen, wie das Leben in diesem Land läuft. Ein wirklich tolles Wochenende, das mir immer in Erinnerung blieben wird.
Was mir aber vor allem in Erinnerung bleiben wird, ist die Erkenntnis, dass Sprache keine Hürde sein muss. Natürlich ist es eine große Bereicherung, wenn man sich mit Sprache ausdrücken kann. Aber Kommunikation braucht nicht zwingend Sprache. Spaß mit den Kindern zu haben, geht auch ohne Sprache. Dankbarkeit zu zeigen, braucht nicht zwingend große Worte. Denn die Leute, die man trifft, kommen vielleicht aus einem komplett fremden Kontext, kulturelle Unterschiede stehen zwischen einem und eine Verlegenheit, wie man sich ausdrücken soll, wenn die Worte fehlen. Doch das gilt es zu überwinden, denn die Verlegenheit ist nicht nötig. Selbst der urigste Japaner ist ein Mensch, der in vielen Punkten ähnlich fühlt wie man selbst und deshalb ist Kommunikation möglich. Wir sind uns alle so ähnlich, egal wie groß die Unterschiede auf den ersten Blick scheinen.
Als nächstes ging es für uns nach Kyoto. Wunderschöne Stadt, unzählige Schreine und Tempel, die Reste der Kirschblüte und leckeres Essen durften wir genießen. Diese Stadt muss man gesehen haben mit seinem malerischen Tempeln, Gärten und Gassen.
Bevor wir wider nach Tokyo zurück kehrten, machten wir einen kurzen Stopp in Kamakura, ein Surfspot ganz in der Nähe der Metropole. Dieses kleine Städtchen, ein absoluter Hipster- und alternativer Ort, hat irgendwie andere Bewohner, als der Rest von Japan. Leute mit neuen Ideen, anderen Auffassungen und mehr Toleranz, scheinen in diesem Schmelztiegel zusammen zu finden. Ein toller Ort! Mit genialem Essen!
Was nehme ich aus der Zeit mit?
Erinnerungen an unfassbar leckeres Essen, die Erkenntnis, dass diese Welt so riesig ist,. Eine noch größer werdende Neugier auf alles, was ich noch nicht gesehen habe. Die Erfahrung, dass wir alle Menschen sind und uns mehr ähneln. Dankbarkeit, dass ich diese Zeit erleben durfte und sie mit zwei starken Frauen teilen konnte. Ein paar Brocken Japanisch.
Japan war für mich gefühlt eine Ewigkeit, obwohl es nur zwei Wochen waren. Aber Japan war auch gleichzeitig ein Startschuss für mich und mein Leben. Ich habe mich noch nie so frei gefühlt, wie jetzt. Ich habe das erste mal mein Leben komplett selbst in der Hand. Keine System, das mich in meinen Ideen einschränkt.
Das war die erste Reise, eine echt große Reise, auf die sicher ein paar folgen sollen.
Wort zur Sonntag-Nacht
"Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern, dass er nicht tun muss, was er nicht will." - Rousseau
Seit acht Tagen hielt ich mein Abitur in der Hand. Ein Meilenstein nach einem ziemlich holperigen Weg. Die Osterferien begannen und eine große Reise stand vor der Tür.
Zusammen mit meiner Mama und meiner Schwester sollte es zwei Wochen nach Japan gehen. Monate lang hatten wir geplant, organisiert, Routen beschlossen, Unterkünfte gebucht und waren voller Vorfreude. Wie viel Arbeit so eine Reise sein kann, erschreckt mich immer wieder. Und deshalb möchte ich meiner Mama aus ganzem Herzen danken, denn die größte Arbeit hing an ihr.
Für uns ging es nun also endlich nach Japan. Schon am deutschen Flughafen, konnte meine Mama ihr fließendes Japanisch unter Beweis stellen. Eine Seite von ihr, die ich so noch nie erlebt habe und die ich in den folgenden zwei Wochen immer besser kennenlernen durfte.
Japan ist ein unfassbares wunderschönes, verwirrendes und beeindruckendes Land. Bereits im Sommer 2016 durfte ich dort zwei Wochen verbringen, aber ich merkte schnell, dass mir damals vieles enthalten wurde, was dieses Land zu bieten hat. Meine Schwester, für die alles so neu und fremd war, schwankte permanent zwischen absoluter Überforderung, wo z.B. das Gezwitscher im U-Bahnhof herkommt (aus den Lautsprechern natürlich), oder dass beinahe alle Büroangestellten nahezu identisch gekleidet sind und Staunen.
Es ist ein Land der Kontraste. Man stolpert betäubt vom unfassbaren Lärm aus einer der etlichen Spielhallen, wo erwachsende Menschen vor tosenden Automaten sitzen und ihren Feierabend genießen, man geht 20 Meter weiter und steht vor einem Schrein oder einer kleinen Tempel Anlage, geht durch das Tor und auf einmal ist Stille und friedliche Ruhe.
Wir begannen und beendeten unsere Reise in Tokyo. Ich bin definitiv ein Großstadt-Gegner. Ich fahre immer lieber nach Potsdam, als nach Berlin und lieber nach Brügge, als nach Amsterdam. Denn Großstädte stressen mich sehr schnell. Die vielen Menschen, die einen anrempeln, die einem keinen Platz in der Enge der U-Bahn lassen, die Unordnung, die Ungeduld. Dinge, die mich immer wieder von Großstädten abwenden lassen. Aber Tokyo ist anders. Tokyo ist schrill, verrückt, berauschend, verwirrend, aber es stresste mich nie. Alles läuft nach Ordnung. Ob es die Einzeichnungen auf dem Bahnsteig sind, die genau zeigen, wo sich die Türen der Bahn öffnen werden und wo sich demnach die Leute anzustellen haben, oder dass es überall für alles Beschilderungen gibt und im Notfall immer einer Service Kraft in Sichtweite ist, die einem in gebrochenem Englisch immer helfen möchte. Tokyo ist krass, aber es ist nicht hektisch und nicht aufdringlich, weshalb es für mich eine unglaublich angenehme Großstadt ist. Über Tokyo könnte ich noch ganze Romane schreiben, diese Stadt beeindruckt mich jedes mal immer noch, wenn ich daran zurück denke. Aber unsere Reise bestand ja nicht nur aus Tokyo.
Danach ging es für uns drei Ladies nach Komatsu, die Heimat der gelben Bagger, die man scheinbar überall auf der Welt kennt. Dank privater Kontakte verbrachten wir ein wunderschönes Wochenende mit einer japanischen Familie und entdeckten die Halbinsel Noto mit ihrer wunderschönen Landschaft. Ich glaube erst, wenn man mal in einer Familie mit leben darf, kann man verstehen, wie das Leben in diesem Land läuft. Ein wirklich tolles Wochenende, das mir immer in Erinnerung blieben wird.
Was mir aber vor allem in Erinnerung bleiben wird, ist die Erkenntnis, dass Sprache keine Hürde sein muss. Natürlich ist es eine große Bereicherung, wenn man sich mit Sprache ausdrücken kann. Aber Kommunikation braucht nicht zwingend Sprache. Spaß mit den Kindern zu haben, geht auch ohne Sprache. Dankbarkeit zu zeigen, braucht nicht zwingend große Worte. Denn die Leute, die man trifft, kommen vielleicht aus einem komplett fremden Kontext, kulturelle Unterschiede stehen zwischen einem und eine Verlegenheit, wie man sich ausdrücken soll, wenn die Worte fehlen. Doch das gilt es zu überwinden, denn die Verlegenheit ist nicht nötig. Selbst der urigste Japaner ist ein Mensch, der in vielen Punkten ähnlich fühlt wie man selbst und deshalb ist Kommunikation möglich. Wir sind uns alle so ähnlich, egal wie groß die Unterschiede auf den ersten Blick scheinen.
Als nächstes ging es für uns nach Kyoto. Wunderschöne Stadt, unzählige Schreine und Tempel, die Reste der Kirschblüte und leckeres Essen durften wir genießen. Diese Stadt muss man gesehen haben mit seinem malerischen Tempeln, Gärten und Gassen.
Bevor wir wider nach Tokyo zurück kehrten, machten wir einen kurzen Stopp in Kamakura, ein Surfspot ganz in der Nähe der Metropole. Dieses kleine Städtchen, ein absoluter Hipster- und alternativer Ort, hat irgendwie andere Bewohner, als der Rest von Japan. Leute mit neuen Ideen, anderen Auffassungen und mehr Toleranz, scheinen in diesem Schmelztiegel zusammen zu finden. Ein toller Ort! Mit genialem Essen!
Was nehme ich aus der Zeit mit?
Erinnerungen an unfassbar leckeres Essen, die Erkenntnis, dass diese Welt so riesig ist,. Eine noch größer werdende Neugier auf alles, was ich noch nicht gesehen habe. Die Erfahrung, dass wir alle Menschen sind und uns mehr ähneln. Dankbarkeit, dass ich diese Zeit erleben durfte und sie mit zwei starken Frauen teilen konnte. Ein paar Brocken Japanisch.
Japan war für mich gefühlt eine Ewigkeit, obwohl es nur zwei Wochen waren. Aber Japan war auch gleichzeitig ein Startschuss für mich und mein Leben. Ich habe mich noch nie so frei gefühlt, wie jetzt. Ich habe das erste mal mein Leben komplett selbst in der Hand. Keine System, das mich in meinen Ideen einschränkt.
Das war die erste Reise, eine echt große Reise, auf die sicher ein paar folgen sollen.
Wort zur Sonntag-Nacht
"Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern, dass er nicht tun muss, was er nicht will." - Rousseau


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